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80 Jahre Kriegsende

80 Jahre Kriegsende und Befreiung vom Nationalsozialismus

Ehrenhain und Kriegerdenkmal für die 220 Gefallenen aus der Stadt Landau a.d.Isar. (Stadtarchiv Landau)

Vor 80 Jahren, am 8. Mai 1945, endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der vollständigen Kapitulation der deutschen Wehrmacht.

Für Landau a.d.Isar war der Krieg bereits eine Woche früher zu Ende:

Am 30. April 1945 besetzte die amerikanische Armee nach erfolgreicher, hart erkämpfter Isarüberquerung unsere Stadt.
Die meisten Landauerinnen und Landauer waren beim Rückzug der deutschen Resttruppen erleichtert.
Man arrangierte sich schnell mit der Siegermacht.

Die Stadt Landau gedenkt an diesem runden Jahrestag der unnötigen Kriegsopfer auf beiden Seiten.
Beim Kampf um Landau mussten mehr als 20 junge, hoffnungsvolle Männer und Frauen, Soldaten und Zivilisten, in der allerletzten Phase des Kriegs noch ihr Leben lassen.

Landau feiert diesen Jahrtag aber auch als den Tag der Befreiung aus der bedrückenden nationalsozialistischen Diktatur und ihrer Gewaltherrschaft.

Nik Söltl

Evakuierte, Flüchtlinge und Heimatvertriebene

In den letzten Kriegsjahren wurden immer mehr deutsche Großstädte ausgebombt. Die Bewohner mussten auf dem Land nach einer Bleibe suchen. Stadtkinder, teilweise ganze Schulklassen, wurden zu uns in Sicherheit gebracht. So kamen nach Landau und in die umliegenden Dörfer immer mehr „Städter“ aus dem ganzen Reich. Manche der Evakuierten fanden bei Verwandten Unterschlupf, meist wurden sie aber zwangsweise einquartiert. Natürlich kam es oft zu Streitigkeiten zwischen den Gastgebern und den Fremden, mit denen sie ihr Haus oder ihre Wohnung teilen mussten. Nicht nur der Wohnraum war knapp, am Ende des Krieges und in den ersten Nachkriegsjahren mussten viele Menschen auch hungern.

1944/45 kamen dazu Millionen von Deutschen, die vor der russischen Armee etwa aus Ostpreußen, Schlesien und Pommern flüchteten. Nach Ende des Krieges folgten u.a. weitere Millionen Sudetendeutsche, die aus der Tschechoslowakei vertrieben wurden.

So lebten in der Stadt Landau vor dem Zweiten Weltkrieg etwa 4000 Menschen, 1946 waren es 6000.

Viele Flüchtlinge und Heimatvertriebene zogen von Landau bald weiter in die Großstädte und Industrieregionen. Dort wurden für den Wiederaufbau und in den Fabriken zahlreiche Arbeitskräfte benötigt. Etliche Flüchtlinge und Heimatvertriebene fanden in unserer Stadt aber auch eine neue Heimat.

Manfred Niedl

Nach dem Krieg herrschten Not und Mangel. Etliche Menschen mussten in Baracken leben, wie hier im Landauer Stadtgraben. (Stadtarchiv Landau/Kreisbildstelle)
Viele Flüchtlinge und Heimatvertriebene waren hochqualifiziert. Im Sudetenland hatte unter anderem eine hochstehende Glasindustrie bestanden. So arbeiteten in der 1949 gegründeten Landauer Glasraffinerie von Julius Geist fast ausschließlich Vertriebene. (Festschrift 725-Jahrfeier Landau 1949)

Kriegsgefangene und Zwangsarbeiterinnen

Fast alle Männer waren im Krieg. Ihre Arbeit auf den Bauernhöfen und in den Betrieben mussten die deutschen Frauen, kriegsgefangene Soldaten sowie Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter (sogenannte Zivilarbeiter) übernehmen. Die Zwangsarbeiter, etwa zur Hälfte Frauen, stammten zumeist aus Polen, der Ukraine und Russland.

Polen, Menschen aus der Sowjetunion und andere Osteuropäer wurden von den Nationalsozialisten nicht als vollwertige Menschen angesehen. Private Kontakte zu Osteuropäern waren strengstens verboten. Der 22-jährige polnische Zwangsarbeiter Josef Berdzinski wurde am 6. August 1941 von der SS in der Nähe von Möding öffentlich erhängt, weil er eine Liebesbeziehung zu der österreichischen Magd Rosina Bichler hatte. Bichler hatte bei einem Bauern in Wolfsdorf gearbeitet. Sie kam ins Konzentrationslager, überlebte aber.

Viele Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter wollten nach ihrer Befreiung möglichst schnell in die Heimat zurück. Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion mussten dagegen zuhause mit Verfolgung rechnen. Diktator Stalin verurteilte sie pauschal als Verräter, das galt insbesondere für die Angehörigen der sogenannten Wlassow-Armee.

Der Wlassow-Armee schlossen sich in den letzten Kriegsmonaten – oft nicht freiwillig – mehr als 100.000 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion an. Ihr Anführer war Andrej Wlassow, ein hochdekorierter sowjetischer General. Dieser hatte sich in deutscher Gefangenschaft zum Kampf auf der Seite Adolf Hitlers gegen den russischen Diktator Josef Stalin und die Kommunisten entschlossen.

Gleich nach Kriegsende richteten die Amerikaner bei Kleegarten ein großes Gefangenenlager für tausende Soldaten der Wehrmacht und für Wlassow-Soldaten ein. Die Wlassow-Soldaten wurden dann den Russen ausgeliefert. In der Sowjetunion wurden die meisten Wlassow-Soldaten als Verräter hingerichtet oder sie kamen in Arbeitslagern ums Leben.

Manfred Niedl

Gedenkstätte an der Stelle der Ermordung von Josef Berdzinski durch die SS. Das Marterl wurde 2012 auf Initiative der Förderer errichtet. Die Bronzeplastik, ein zerrissenes Herz der Liebe mit einem Strick, schuf Josef Paleczek. (Stadtarchiv Landau)
Das Gefangenenlager Kleegarten auf einer alliierten Luftaufnahme vom 14. Juli 1945. (Bayerische Vermessungsverwaltung - www.geodaten.bayern.de)

Militärflugplatz Landau/Ganacker und KZ-Außenlager

Bei Ganacker war ein großer Militärflugplatz der deutschen Luftwaffe, der auch als Flugplatz Landau/Ganacker bezeichnet wurde. Verwundete Piloten wurden im Landauer Lazarett in der Dr.-Godron-Straße behandelt. Die über 30 Gefallenen fanden in den Soldatengräbern auf dem Friedhof Heilig-Kreuz ihre letzte Ruhestätte. Der Flugplatz wurde am 24. April 1945 bei einem schweren Tieffliegerangriff mit zahlreichen Todesopfern weitgehend zerstört.

In den letzten Kriegsmonaten sollte auf dem Fliegerhorst Ganacker eine Startbahn für Düsenjäger gebaut werden. Dafür verschleppten die Deutschen KZ-Häftlinge, für die ein Lager gut 2 Kilometer östlich von Ganacker errichtet wurde. Das KZ war ein Außenlager des Konzentrationslagers Flossenbürg in der Oberpfalz. Von 500 Ganackerer KZ-Häftlingen, vorwiegend Juden, starben mindestens 138. Vor der Evakuierung am 24. April 1945 wurden etliche schwache und kranke Häftlinge von den Deutschen ermordet, die meisten in Todesmärschen in Richtung Süden getrieben. Eine Station war dabei der Landauer Sebastianibrunnen. Olga Nothaft (1925-2015) berichtet in ihren Lebenserinnerungen, dass sie den KZ-Häftlingen dort Semmeln zuwarf.

1946/47 bestand in Landau eine jüdische Gemeinde mit zeitweise über 70 Mitgliedern. Einzelne von ihnen waren Überlebende des KZ-Außenlagers Ganacker. Die meisten Mitglieder waren aber Juden, die in Polen auch nach dem Ende der Naziherrschaft verfolgt wurden und deshalb in die amerikanische Besatzungszone flohen.

Das Büro und das Bethaus der jüdischen Gemeinde war im Gasthaus „Weißes Rössl“ (Oberer Stadtplatz 10). Zur Gemeinde gehörten etwa Viktoria und Leon Goldraich aus Polen. Ihr Sohn Menachem Goldraich kam am 31. August 1946 im Landauer Krankenhaus zur Welt. Bald suchten die Mitglieder der jüdischen Gemeinde eine neue Heimat in den USA, Palästina und anderswo. Die Familie Goldraich ließ sich nach mehreren Stationen 1953 in den USA nieder.

Manfred Niedl

Soldatengräber auf dem Friedhof Heilig-Kreuz. (Stadtarchiv Landau)
Gedenkstätte für die Opfer des KZ-Außenlagers Ganacker bei der Sebastianikapelle in der Nähe von Wallersdorf. Hier wurden nach Kriegsende zahlreiche KZ-Häftlinge bestattet. 1957 wurden ihre sterblichen Überreste auf den Ehrenfriedhof in Flossenbürg überführt. (Stadtarchiv Landau)

Sinnlose Verteidigung mit schlimmen Folgen

© Bayerische Vermessungsverwaltung Beim Kampf um Landau in der Altstadt zerstörte und schwer beschädigte Gebäude (flächig rot) und einige der leichter beschädigten Gebäude (rot umrandet) auf einem aktuellen Stadtplan. Leider sind die Quellen lückenhaft, ungenau und widersprüchlich. Fotos zu den eingetragenen Nummern finden Sie unten. In den Gebäuden mit Kreuzen waren Todesopfer zu beklagen. (MN)

Die Wehrmacht sollte das Vorrücken der Amerikaner über die Isar unter allen Umständen verhindern. Da fast alle Männer im Krieg waren, drängten die Landauer Frauen die örtliche NS-Führung mit Bürgermeister Richard Grüner und SS-Chef Franz Staudacher, Landau kampflos den Amerikanern zu übergeben. Während die NS-Führer in anderen Orten die Ausweglosigkeit der Situation einsahen, bestanden sie in Landau auf der Verteidigung ohne Rücksicht auf Verluste.

So brachten Sonntag, der 29. April 1945, und Montag, der 30. April 1945, Tod und Zerstörung. Auf die Sprengung der Isarbrücken durch die Deutschen folgten gegenseitiger Beschuss und der zunächst zurückgeschlagene Versuch der Amerikaner, die Isar zu überqueren. Am Abend des 30. April 1945 hatten die Amerikaner Landau erobert, der Krieg war vorbei.

Im Chaos der letzten Kriegstage und der ersten Wochen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden keine genauen Aufzeichnungen geführt. Der kurze Kampf um Landau forderte über 20 Todesopfer: deutsche und amerikanische Soldaten, Zivilisten, Männer und Frauen. Der Landauer Georg Sichart schätzte, dass etwa 2500 Geschosse auf Landau gefeuert worden seien, etwa 500 Gebäude (Wohnhäuser, Werkstätten, Schuppen…) wären beschädigt worden. In Landau gab es damals gut 600 Wohngebäude.

Nik Söltl / Manfred Niedl

Einige der beschädigten und zerstörten Gebäude in der Landauer Altstadt

(1) Rathaus von 1759
(2) beschädigte Stadtpfarrkirche, Rathaus und Oberer Stadtplatz
(3) Ludwigstraße
(4) Foto aus der Ludwigstraße 19 (Mayer) zur Ludwigstraße 10 (Piser) und 8 (Nagl)
(5) Hauptstraße
(6) Fleischgasse 58, Matzeder
(7) Hauptstraße 77, Rieger
(8) Höckinger Straße 29, Gillmeier

Im Blickpunkt der letzten Kriegstage: Das historische alte Landauer Rathaus, erbaut 1759

Am 27. April 1945, kurz vor dem Heranrücken der Amerikaner im unteren Isartal vor Landau, wurde die hiesige Bevölkerung durch den Abwurf von Flugblättern über dem Stadtgebiet aus einem Flugzeug heraus dringend aufgefordert, sich beim Eintreffen der US-Armee kampflos zu ergeben. Die Landauer sollten an den Häusern die weiße Fahne zu hissen und keinen Widerstand leisten.

Die Nazi-Stadtkommandantur verbot, sich so zu verhalten, folgte den Weisungen "von oben", und baute zur Verteidigung hastig eine "Isarfront" mit Landau als Festung auf. Landau kapitulierte also nicht.

Darum wurde das Zentrum der Stadt am 29. und 30. April von Norden her von den Amerikanern beschossen. Das Rathaus als Zentrale der Kommune war neben den Maschinengewehr-Nestern der Verteidigungslinie am Isarprallhang das Hauptziel der amerikanischen Artillerie. Am späten Nachmittag des 30. April wurde das Rathaus, der Stolz der Landauer Bürgerschaft, von Brandbomben getroffen. Es brannte bis auf die Grundmauern nieder. Alle Löschversuche scheiterten, schon in Ermangelung von Wehrmännern und Löschwasser. Die Wasserversorgung war zusammengebrochen.

Nik Söltl

Rathaus, Sparkasse und Volksbank um 1940. (Stadtarchiv Landau)
Das zerstörte Rathaus 1945. (Stadtarchiv Landau)
Spätgotisches Tonrelief einer Maria mit Kind im Foyer des Landauer Rathauses. Der Überlieferung nach hat es im Rathaus die Zerstörungen im Krieg 1504, 1743 und 1945 überdauert. (Stadtarchiv Landau)

Im Blickpunkt der letzten Kriegstage: Die Landauer Isarbrücke

Die Amerikaner legten sofort neben die gesprengte Brücke eine Pontonbrücke, um den für sie so wichtigen Isarübergang und Brückenkopf nutzen zu können. (Stadtarchiv Landau)

Im Frühjahr 1945 rückten die Amerikaner unaufhaltsam von Norden in Richtung Süden vor. Die stark unterlegenen deutschen Truppen mussten sich immer weiter in Richtung Alpen zurückziehen.

Ende April stand die Kriegsfront vor Plattling und Landau. Die Isar war für die US-Truppen das letzte große, natürliche Hindernis bei ihrem schnellen Vormarsch gen Süden. In dieser Situation ist die Landauer Isarbrücke für die Amerikaner von großer strategischer Bedeutung, ebenso wie für die Deutschen bei ihrem Rückzug. Auch so mancher Nazi-Bonze nutzte die Landauer Isarbrücke noch, um sich in Richtung Süden abzusetzen.

Die bayerische und österreichische Alpenregion war nach einer Propagandalüge der Nationalsozialisten die uneinnehmbare „Alpenfestung“.

So wurde die Landauer Isarbrücke von den deutschen Truppen so lange wie möglich offen gehalten und erst gesprengt, als die US-Truppen schon im Isarmoos angekommen waren und den Angriff auf den Brückenkopf vorbereiteten. Das war am 29. April 1945.

Wie die anderen Isarbrücken in unserer Region sprengte die deutsche Wehrmacht auch die Bockerlbrücke und die hölzernen Isarbrücken von Oberframmering und Zeholfing.

Die amerikanischen Truppen brauchten nicht einmal einen Tag, um eine stabile Behelfsbrücke über die Isar zu errichten.

1952 konnte die wieder aufgebaute Landauer Isarbrücke eröffnet werden.

Nik Söltl

Eine bis heute unbekannt gebliebene Heldentat: Der Versuch der Brückenrettung

Es ist Samstag, 28. April 1945: Die Landauer Isarbrücken, Straßenbrücke und Bockerlbrücke, werden von der Wehrmacht zur Sprengung vorbereitet.

Josef Reithmaier (1892-1964), Stadtbauer „im Graben“, der schon 1937 wegen „Heimtücke“ gegen die NS-Regierung verurteilt worden war, ist mit der Sprengung der Isarbrücke partout nicht einverstanden. Als er von den Vorbereitungen hierfür hört, fasst er einen wagemutigen Plan.

Dieser Plan würde totsicher als „Sabotageakt“ gewertet und mit dem Tod bestraft. So weiht Reithmaier nur seinen halbwüchsigen Sohn Hermann (1929-2016) ein, dem er vertrauen kann und der ihm helfen soll.

Mitten in der Nacht vom 28. zum 29. April gehen sie in den Stall, binden ihrem schweren Zugochsen Leinensäcke (Troadsäcke) um die Klauen, damit die Ochsenschritte beim Gehen auf dem Straßenpflaster nicht zu hören sind, legen ihm das Geschirr zum Einspannen an und weisen ihn zur Isarbrücke hinunter. Josef Reithmaier weiß, wo sich rechts der Isar eine Bombe mit großer Sprengkraft befindet. Mit aller Vorsicht wird das Zugseil an der Bombe befestigt. Langsam zieht der Ochse an. Er zieht die Bombe von der Brücke hinab bis zu einem Bach und dort in den Graben hinein.

Am Sonntag, den 29. April, um 11:10 Uhr sprengen deutsche Truppen sowohl die Straßenbrücke über die Isar als auch die Bockerlbrücke. Man hat zwar die Sprengung der Isarbrücke nicht verhindern können, aber wahrscheinlich den Schaden an der Eisenkonstruktion in Grenzen gehalten.

Diese mutige Tat, die mir der Sohn Hermann Reithmaier erst 2013 als alter Herr erzählte, hat bewirkt, dass die Isarbrücke nach dem Krieg wieder „zusammengeflickt“ werden konnte. Sie war zwar für mehrere Jahre unpassierbar, aber nicht Schrott.

Nik Söltl

Josef Reithmaier (um 1944), der Stadtbauer „im Graben“ (Stadtgraben), ein Landauer mit Zivilcourage und Wagemut. (Archiv Söltl)
Die in Teilen zerstörte Stahlbrücke, die erst 1952 wieder eingeweiht und für den Verkehr freigegeben wurde. (Archiv Söltl)

Mater Edmunda Fraunhofer (1909-2009), eine Christin, die vielen Landauerinnen ein Vorbild war

Ende April 1945 wurden die nationalsozialistischen Stadtoberen Landaus von einem massenweise über der Altstadt abgeworfenen amerikanischen Flugblatt dringend aufgefordert, die Stadt kampflos zu übergeben. Die Nazi-Vertreter der Stadt machten dazu aber keinerlei Anstalten. In dieser Lage solidarisierten sich die Landauer Frauen spontan und traten geschlossen für die kampflose Übergabe der Stadt an die Amerikaner ein.

Den immensen politischen Druck, den die geballte Landauer Frauenschaft auf die Nazi-Führung in Landau, auf Bürgermeister Grüner und SS-Chef Staudacher, Ende April 45 ausübte, betätigen mehreren Zeitzeugen eindrucksvoll in schriftlicher und mündlicher Form. Dass diese mutigen Landauer Frauen damals Leib und Leben riskierten, ist jedem klar. Eine davon ist Schwester Edmunda aus dem hiesigen Kloster der Englischen Fräulein. Sie lebte hier seit 1930 und setzte sich die ganze Nazizeit über mit voller Hingabe für die Jugend der Stadt ein. Durch die Nationalsozialisten war sie stetigen Schikanen und Verboten gegen kirchliche Personen und Institutionen am eigenen Leib ausgesetzt. Sie lebte, wie ihre Mitschwestern, im passiven Widerstand.

Man weiß einige Fälle, wo vernünftige Männer und Frauen in der Region noch und gerade in den letzten Kriegstagen ihren Widerstand in Aktionen, die nicht dem Führerbefehl entsprachen, mit dem Leben bezahlen mussten. In unserer Stadt beispielsweise gab es in den schwersten Stunden der langen Stadtgeschichte auch viele beherzte und mutige Personen, die für die Gemeinschaft, für ihre Familien und für ganz Landau Verantwortung übernahmen und dabei ihr eigenes Leben aufs Spiel setzten. Es waren entschlossene, fürsorgliche Landauer Frauen. So hat es Mater Edmunda, die damals von den Nazis von ihrem Dienst als Lehrerin suspendiert war, in der Klosterchronik vermerkt. Mater Edmunda hebt als Chronistin und Zeitzeugin anerkennend hervor:

„Die Landauer Frauenschaft setzte sich vehement, aber umsonst für die kampflose Übergabe der Stadt Landau ein.“

Nik Söltl

Schwester Edmunda Fraunhofer. Für ihr verdienstvolles und langjähriges Wirken als Ordensschwester und Lehrerin erhielt sie 1998 die Verdienstmedaille der Stadt Landau a.d.Isar. (Archiv Söltl)
Flugblatt der Amerikaner mit Aufruf zur kampflosen Übergabe der Ortschaft. Dieses Flugblatt wurde vor dem Einmarsch der US-Armee über zahlreichen Orten abgeworfen. (Archiv Söltl)

Fanny Ries (1914-1995), eine junge Frau mit Zivilcourage

Am Montagnachmittag, den 30. April 1945, geriet der Dachreiter (das Türmchen) der Spitalkirche beim Beschuss in Brand. Die zentrale Wasserversorgung war ausgefallen und das Löschen mit Eimern äußerst mühsam. Während der Löscharbeiten kletterte Fanny, die ledige Tochter des Malermeisters Ries aus der unteren Fleischgasse, auf den Kirchturm. Dort streckte sie gegen 14:30 Uhr aus dem oberen Fenster eine weiße Fahne heraus. Zeitzeugen berichten von einem weißen Betttuch oder Nachthemd, das sie an einen Besenstiel gebunden hatte. Dann zog sie sich in den Kirchenraum zurück und kniete, von innerer Erregung geschüttelt, betend, fast oder ganz allein in der Kirche in einer Bank, als ein SS-Mann hereinstürzte: „Wo geht es zum Turm? Wer dort die weiße Fahne gehisst hat, wird sofort erschossen!" Dass das Mädel, an das er sich wandte, die Täterin war, konnte er nicht wissen. Fanny Ries flüchtete aus der Kirche, während der SS-Mann in den Turm hinaufstürmte und die Fahne wieder hereinholte. Nur eine Viertelstunde oder gar nur ganze zehn Minuten hatte sie ausgehangen, ohne praktische Folgen.

Der Steinfelsbenefiziat Zeuss lobte kurz nach dem Krieg das mutige Einschreiten von Fanny Ries: „Ehre wem Ehre gebührt! Fannerl Ries hat trotz Todesgefahr aus Mitleid (und Verbundenheit) mit ihrer gequälten Vaterstadt Schneid bewiesen und ein mit dem Tod bedrohtes Wagnis unternommen.“

Nik Söltl

Fanny Ries im Jahr 1945. (Archiv Söltl)
Spitalplatz um 1940. (Stadtarchiv Landau)

Aufopfernd im Dienst am Nächsten in turbulenten Zeiten: Else Sturm, die mutige Landauer Rot-Kreuz-Schwester

Else Sturm als engagierte, mutige Rotkreuz-Schwester im Jahr 1945 (Archiv Söltl)

Else Sturm (1911-2003) war eine Landauerin, die mutig und unerschrocken während der Beschießung der Stadt mit Krankentransporten für die Verwundeten und Kranken ihr Leben riskierte. So rettete sie einigen Menschen das Leben, als die große Mehrheit der Bevölkerung die Stadt verlassen hatte.

Else Sturm war eine der wenigen Frauen in der Stadt, die seinerzeit schon den Führerschein hatten. Seit 1937 schon fuhr sie den Sanka, das Landauer Sanitätsauto. Sie half auch als Rot-Kreuz-Schwester im Krankenhaus bei der Pflege und Betreuung der Kranken und Verwundeten.

Am 30. April war der letzte Kriegstag für uns Landauer. Das war, als die Amerikaner in die Stadt einzogen und Landau besetzten. Es war Nachmittag, als Else Sturm einen Sanka-Einsatz in der Unteren Stadt hatte. Sie wollte gerade den Stadtberg hinauffahren, als sie mitten in eine amerikanische Panzerkolonne geriet. Diese kam aus der Höckinger Straße und fuhr wie sie die Hauptstraße hinauf.

Ihr Sanka war mit einem großen roten Kreuz gekennzeichnet. An der Einmündung der Höckinger Straße in die Hauptstraße stieß sie auf die große Militärkolonne. Als ihr ein amerikanischer Posten energisch zuwinkte endlich weiterzufahren und sich doch in die Kolonne einzuordnen, gab sie Gas und fuhr los. Sie war nun mitten zwischen kettenrasselnden Ungetümen, die ihr von hinten fast auf die Stoßstange fuhren. „Hoffentlich geht alles gut! Hoffentlich bleibt mein Auto nicht stehen!“ So fuhr sie in der Kolonne den Stadtberg hoch bis hinauf zur heutigen Dr.-Aicher-Straße.

Else Sturm befürchtete, dass die Amis bei ihrem Ausscheren aus ihrer Kolonne bemerken würden, dass ihr Rot-Kreuz-Auto gar nicht zu ihnen dazu gehöre und dass man sie als Feind ansehen könnte. Aber alles ging gut.

Auch nach der Übergabe der Stadt an die Amerikaner fuhr Else Sturm weiterhin den Landauer Sanka.

Nik Söltl

Pastor Carl Malsch - der richtige Mann zur rechten Zeit am richtigen Ort

Heimlich aufgenommenes Foto mit amerikanischen Panzern auf dem Sebastianiplatz. (Archiv Söltl)

Carl Malsch (1916–2001) war ein bedeutender evangelisch-lutherischer Theologe und von 1965 bis 1981 Hauptpastor der Hamburger Kirche St. Petri. Er war eine Hamburger Persönlichkeit und mit Helmut Schmidt freundschaftlich verbunden. Als frisch verheirateter junger Pastor bekam er in der Endphase des Krieges eine Stelle in Landau. Mit seiner Frau Elisabeth und dem zweimonatigen Baby Thomas wohnte er im Kooperatorenhaus in der Fleischgasse. In den Jahren 1944/45 betreute Pastor Malsch Hamburger Evakuierte in ganz Ostbayern südlich der Donau, von Regensburg bis Passau. In Landau erlebte Pastor Malsch das Kriegsende am 30. April 1945.

Die Nazigrößen waren geflohen, und so war es der mutige Pastor Malsch – einer der wenigen Englischsprecher in Landau – der unsere Stadt den Amerikanern übergab:

Er erzählt: „Am 30. April 1945 war der Krieg für uns (in Landau) aus. Ich kam aus dem Luftschutzkeller und ging (begleitet von der Kindergärtnerin Emmy Strebel) einem amerikanischen Soldaten entgegen, der das Gewehr im Arm hielt und auf mich zukam. Ich hatte eine Windel von Thomas in der Hand, mit der ich ihm zuwinkte. Er fragte: ‚Wo sind die deutschen Soldaten?‘ Ich antwortete (ihm auf Englisch): ‚Sie sind weg!‘.“ Pastor Malsch musste den amerikanischen Kommandanten nun zum Beweis in einem Jeep zu allen Stellungen des Volkssturms und zu den MG-Stellungen der Wehrmacht begleiten. Im Rückblick meinte Malsch: „Das Kriegsende am 1. Mai 1945 für Landau habe ich als Befreiung erlebt ...“

Neben Josef Reithmaier, Fanny Ries, Carl Malsch und Emmy Strebel haben weitere Personen Landau vor noch schlimmerer Zerstörung bewahrt. Unter ihnen seien genannt Oberleutnant Betz von der Landauer Gendarmerie, der die Zündung einer riesigen Bombe an der Straße beim Kastenhof verhinderte, und Julius Backof, der zum Tode verurteilt werden sollte, weil er sich für das hissen der weißen Fahne eingesetzt hatte.

Nik Söltl



„Angesichts des Trümmerfeldes, zu dem eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Achtung vor der Würde des Menschen die Überlebenden des zweiten Weltkrieges geführt hat, in dem festen Entschlusse, den kommenden deutschen Geschlechtern die Segnungen des Friedens, der Menschlichkeit und des Rechtes dauernd zu sichern, gibt sich das Bayerische Volk, eingedenk seiner mehr als tausendjährigen Geschichte, nachstehende demokratische Verfassung“
Verfassung des Freistaates Bayern von 1946, Präambel

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland von 1949, Artikel 1, Absatz 1

„Die Völker Europas sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche Zukunft zu teilen, indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden. In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie stellt den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns, indem sie die Unionsbürgerschaft und einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts begründet.“
Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Präambel

Von 1945 bis 2025, also 80 Jahre in Freiheit und ohne Krieg leben zu dürfen, empfinden wir Landauer als großes Glück, aber auch als Auftrag, unsere freiheitliche und demokratische Staatsform zu schützen, zu stärken und zu verteidigen.

Bitte um Gottes Schutz am Landauer Rathaus mit den Wappen von Landau a.d.Isar, Bayern und Deutschland. (Stadtarchiv Landau)
Europaflagge (europa.eu)
Friedliche Feste verbinden die Menschen. Foto vom Festwochenende zur 800-Jahrfeier der Stadt Landau 2024. (Christian Melis/Stadt Landau)

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